Archiv für den Monat Juni 2014

Wenn Wirtschaft Schule macht

Matthias Hofer

Rechtzeitig vor Schulschluss beklagen die Sozialpartner die hohe Anzahl an „Schulabbrechern“ und vermengen mit diesem Begriff Jugendliche, die keinen Lehrabschluss besitzen mit jenen, die keinen Pflichtschulabschluss haben. Was allerdings darauf folgt, sind ausschließlich gute Ratschläge für Reformen in der Schule. Über die weitaus dramatischere Situation in der Lehrlingsausbildung verlieren Arbeiter- wie Wirtschaftskammer kein Sterbenswörtchen. Aus gutem Grund …

„Die Durchfallquote bei der Lehrabschlussprüfung ist auf dem höchsten Stand seit 1970“, titelte die Tageszeitung „Die Presse“ am 11.3.2013. Und weiter liest man dort: „Von 58.034 Lehrlingen, die 2012 zur Lehrabschlussprüfung antraten, sind 18 % durchgefallen, berichtet die APA auf Basis von Wirtschaftskammer-Daten. Das ist die höchste Durchfallrate seit 1970. (…) Von den Maler-Lehrlingen schafften im Vorjahr 38 % die Lehrabschlussprüfung nicht. Wenig Patzer gab es indes beim Beruf Bankkaufmann (3,3 %). Insgesamt 22 Lehrberufe wiesen eine Durchfallrate von über 30 % aus.“

Wer nun die Ursache für diese in Schulen unvorstellbar…

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Gerhard Riegler: Getrimmt und durch den „Gaokao“ gezogen

QUINtessenzen

Im Sozialismus machte das Sinn.“ So beurteilt der kanadisch-chinesische Bildungsexperte Jiang Xueqin das chinesische Bildungssystem. (1) Standard-Antworten auf Standard-Fragen für Standard-Menschen – Mao lässt grüßen. Doch PISA & Co stellen den teilnehmenden chinesischen Provinzen hervorragende Zeugnisse aus. Denn deren Schüler (2) schneiden bei diesen Tests stets weit besser ab als die Europas.

Schoolboy in front of blackboard holding head

Für Yang Dongping vom Pekinger Institut für Technologie sind PISA-Triumphe Pyrrhussiege, die aus den landesüblichen Testformaten und Unterrichtsmethoden resultieren, deren „krönender“ Abschluss die gefürchtete Gaokao-Prüfung ist: „Alle Tests haben Standard-Antworten. Lehrer und Eltern achten darauf, dass die Schüler diese Antworten lernen, sie werden nicht ermutigt zu hinterfragen, kritisch zu sein, etwas Neues zu entdecken. Daher gibt es keine Innovation bei uns. Seit der Gründung der Volksrepublik vor 60 Jahren haben wir keine Wissenschaftler von Weltrang hervorgebracht. Das ist schlichtweg die Realität.“ (3)

Weltweit beugen sich Bildungsverantwortliche devot dem PISA-Diktat. Heiß begehrt ist der PISA-Erfolg…

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Sehnsucht nach einem neuen Juni-Ritual

QUINtessenzen

In den „Salzburger Nachrichten“ wurde das „pädagogische Juni-Ritual“ so beschrieben: „Zuerst lässt das Ministerium schlagzeilentaugliche Daten durchsickern, diese werden von den Medien dankbar angenommen und in den letzten Schulwochen in verschiedensten Formen unters Volk gebracht. Die dadurch entstandene Stimmung ist für die Dienstgeberseite dann ideal, um schnell ein paar budgetschonende Husch-Pfusch-Reformen durchzudrücken, die fast immer zu Lasten der Schüler und Lehrer gehen. Und wenn Letztgenannte sich dann wehren, stehen sie – angesichts der bevorstehenden Ferien – als reformunwillige Faulpelze da.“ (1)

Thank You in word collage

Wir alle kennen das. Jedes Jahr vor den Sommerferien dürfen wir die mediale Schelte über die viel zu geringe Arbeitszeit von Lehrern (2), über die viel zu hohe Belastung von Schülern und Eltern durch Nachhilfe, über das viel zu häufige Wiederholen von Schulstufen, über die viel zu hohen Drop-out-Raten etc. über uns ergehen lassen. Da helfen auch noch so viele Daten und Studien nichts, die…

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Dienstrecht – wieder einmal …

Matthias Hofer

Nun ist also wieder einmal ein Dienstrecht in heftiger politischer Diskussion. Nach den Lehrern sind nun die ÖBB-Mitarbeiter im Fokus der Politik und damit auch der medialen Berichterstattung.

Doch während im Dezember 2013 die sozialdemokratischen Ministerinnen Heinisch-Hosek und Schmied kein Problem mit einer Beschlussfassung des neuen Lehrerdienstrechts ohne sozialpartnerschaftliche Einigung hatten, ticken die Uhren in Sachen ÖBB-Dienstrecht in der SPÖ gänzlich anders. Arbeiterkammer-Chef Kaske und Sozialminister Hundstorfer lassen unisono verlauten, dass ein neues ÖBB-Dienstrecht sicher kein Thema sei, Hundstorfer verstieg sich gar zur Aussage, darüber nicht einmal reden zu wollen (siehe: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/3816480/OVP_Erst-fasten-dann-entlasten?from=suche.intern.portal).

So also funktioniert Sozialdemokratie: Über die eigene Klientel wird die schützende Hand gehalten, der Rest der Bevölkerung darf dafür bezahlen.

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Rückzieher vom Rückzieher – und die OECD kann durchatmen

Matthias Hofer

Nachdem Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek erst im März neben anderen auch den PISA-Test im Jahr 2015 aufgrund des Datenlecks im BIFIE für Österreich abgesagt hat, folgt nun – für alle höchst überraschend – der Rückzieher vom Rückzieher. Selbst Armin Wolf twitterte „Pisa? ‚Das ist gegessen‘, sagte Ministerin Heinisch-Hosek in der ZiB2. Offenbar doch nicht.“

Durchführen soll den PISA-Test laut Medienberichten das BIFIE. Jenes BIFIE, das nach dem Datenleck am Beginn des Jahres nun eine noch nie da gewesene Pannenserie im Zuge der Zentralmatura hingelegt hat und das nach dem nicht ganz freiwilligen Rücktritt der beiden Direktoren derzeit quasi führungslos ist. Zwar verspricht die Unterrichtsministerin tiefgreifende Reformen im BIFIE bis Jahresende, Ernst nehmen kann man solche Versprechungen in Anbetracht der kompletten Fehleinschätzung Heinisch-Hoseks kurz vor der Zentralmatura allerdings nicht: „Die neue Matura wurde über 10 Jahre gut vorbereitet …“ (BM Heinisch-Hosek, Presseaussendung vom 5.5.2014). Beste Voraussetzungen also für eine erfolgreiche Testdurchführung …

Wenn…

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Jedes Jahr aufs Neue: Lehrer- und Schulbashing mit der Nachhilfekeule

Matthias Hofer

Jedes Jahr aufs Neue publiziert die Arbeiterkammer kurz vor Schulschluss eine Studie über das Thema Nachhilfe. Und jedes Jahr aufs Neue ist die mediale Darstellung der Arbeiterkammer-Studie extrem unseriös. So übertitelt etwa der ORF Tirol einen Bericht über diese Studie auf seiner Homepage mit den hetzerischen Worten „Eltern kostet die Schule Millionen“.

Eine Interpretation, die den Zahlen der Arbeiterkammerstudie gerecht würde, würde dem österreichischen Schulwesen und allen Lehrern ein großes Kompliment aussprechen. Denn es gibt, wie wir zuletzt auch von der PISA-2012-Studie bestätigt bekamen, in Österreich im internationalen Vergleich wenig Nachhilfe.

Exemplarisch seien ein paar Gustostückerl, wie mit Daten und Ergebnissen manipulativ bzw. selektiv umgegangen wird, hier präsentiert. Die im Folgenden verwendeten Zahlen beziehen sich immer auf die Nachhilfestudie der Arbeiterkammer Tirol und betreffen Tiroler Eltern. Die Arbeiterkammer Tirol hat zusätzlich zur bundesweiten Befragung 300 Tiroler Haushalte mit insgesamt 511 Schulkindern befragen lassen. In vielen Darstellungen ergeben sich…

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Hochmut kommt vor dem Fall

Matthias Hofer

Die Woche vom 5. bis zum 11. Mai des Jahres 2014 wird wohl als historisch in die jüngere Geschichte Österreichs eingehen. Nein, ich meine jetzt nicht den Sieg Österreichs beim Eurovision-Song-Contest durch die Kunstfigur „Conchita Wurst“, verkörpert durch Thomas Neuwirth, zu dem ich natürlich sehr herzlich gratuliere. Ich meine die skandalösen Vorgänge rund um die Zentralmatura, die in dieser Woche an vielen AHS- und BHS-Standorten erstmalig durchgeführt wurde.

Konnte sich das für die Durchführung verantwortliche Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens, kurz BIFIE genannt, am Montag nach der Zentralmatura aus Deutsch noch in Sicherheit wiegen (die inhaltliche Kritik setzte erst zeitversetzt ein), so kam es Mitte der Woche bei der Englisch-Zentralmatura knüppeldick. Völlig überraschend erhöhte es nämlich die Schwelle, ab der eine Englisch-Klausur positiv ist, von 60 % auf 63 % und zog es vor, die Betroffenen von dieser Maßnahme erst nach der Matura zu informieren.

Doch…

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